Siedlung "Dörfli" Bubikon

21. Mai 2025

 

Eine Idee wird als Realität
fünfzig Jahre alt

 

Das "Dörfli"

 

Aus einem Brief vom 6. November 1979 (Auszug) von
Ursi Mörgeli. (Bilder von Walter Mörgeli)

Erster Beitrag einer neuen Serie "Dörfli - 50jährig".

"Das Leben im „Dörfli“ lockt uns immer wieder. Zum ersten wollen wir oft den Hausbau kontrollieren, zum zweiten ist dort das gemeinsame Arbeiten so schön, erlebnisreich und befriedigend. Zum Beispiel ein „Dörfli“-Samstag: An vielen Häusern wird gehämmert und gefeilt, auf dem Dorfplatz malen 3 zusammen Täfer-Bretter an, einige gehen zusammen beim Bauern Äpfel und Kartoffeln einkaufen und verteilen sie dann in die verschiedenen Keller; in einem anderen Kellern werden in Schichtarbeit "Tüechli" gedruckt für die „Aufrichtete“; da sitzen ein paar zusammen beim Kaffee; einige pflanzen zusammen eine Hecke auf dem

Gemeinschaftsland; Hortense backt auf dem Dorfplatz Waffen, die Kinder schlagen Rahm dazu, der Duft lockt Nachbarn und Handwerker an…Am Donnerstag hatte Walter frei (Allerheiligen) zusammen mit seinem „Stift“ kletterten wir alle auf unserem Gerüst herum und strichen Balken und Untersichttäfer. Am Mittag waren wir fertig und da wird ohnehin schon klebrig und dreckig waren, strichen wir am Nachmittag noch Treppenbretter für die anderen. Sie werden uns auch einmal wieder helfen.

Am Freitag musste ich vier Kuchen backen und mit den Kindern im Wald Efeu suchen, denn am Abend feierten wir „Aufrichtete“. 120 Personen, Handwerker, Behördenmitglieder und Dörflibauer, versammelten sich im grössten Saal des Dorfes.War das ein lustiges Fest. Die Handwerker fanden: So eine „Aufrichtete“ hätten sie noch nie erlebt. Schinken und Wein, Tanz und Sketches, Gedichte, Tüechli mit  einem „Fünfliber“ darin wie in alter Zeit, Tombola, und 12 Frauen tanzen von 8 Uhr bis morgens 3 Uhr aneinander mit den 110 Männern! Uns fielen ja fast die Füsse ab. Die Zimmerleute feierten

bei einer der Dörflifamilie noch bis 5 Uhr weiter, derweil wird uns noch 3 Stunden Schlaf gönnten! Ja, nur 3 Stunden, denn um 7 Uhr standen wir wieder auf dem Dorfplatz, in alten Kleidern. Wir mussten in den Wald zum Holzschnitzeln. Mit schläfrigem Kopf und noch halbwegs im Dreiviertel-Takt liefen wir bald einmal durch den Wald oberhalb Hinwil.

Es war herrliches Wetter und eisig kalt. Wir aber begannen bald zu schwitzen, Berge von Holz lagen an den Waldwegen bereit zur Schnitzelmaschine geschleift zu werden. Es es war faszinierend, wie Äste und ganze Bäume bis zu 20 Zentimeter

Stammdicke in 30 Sekunden in Holzschnitzeln von 3 Zentimeter auf den Lastwagen flogen. Die im Dörfli verbliebenen Frauen, diejenigen mit kleinen Kindern und die Schwangeren kochten unterdessen Gerstensuppe als Mittagsmahl für die Schnitzler. Als sich das Silo allmählich mit Schnitzeln füllte, hatten die Kinder den Plausch. Sie sprang vom Rand des Silos in die federnde Holzmasse hinunter, wühlte mit Händen und Schaufeln in den Schnitzeln, bauten Nestchen und Häuser. Als wir um halb 6 Uhr in die  Ebmatt zurückkehrten, war das Fazit des Tages: 2 Paar zerrissene Hosen, staubige Haare Blasen an den Händen, schmutzige Kleider, auf der anderen Seite jedoch eine

wohlige Müdigkeit, rote Wangen und eine innere Zufriedenheit etwas mit eigener Kraft zur Erhaltung der Umwelt beigetragen zu haben. Bettina war am Nachmittag bei den „Kleinen“ im Dörfli, Claudia mit den „Grossen“ im Wald. Sie war so stolz, dass sie mit dem Lastwagen heimfahren durfte und brachte schöne Zweige und Blätter heim. Im Dörfli vor 9 Uhr Nachtruhe an diesem Abend. Walti und ich gingen jedoch noch knallhart nach Jona zum Singen. Sag‘s nicht weiter: als ich endlich an der Wärme, sauber gewaschen auf einem bequemen Stuhl sass, bin ich während der Predigt eingeschlafen und erst beim Lauten „Unser Vater“ wieder erwacht!!"

(Beitrag aus dem Archiv von Ursi und Walti Mörgeli)