Beiträge unseres "Philosophen"

19. März 2024

 

Seit vier Jahren publiziere ich hier die Gedanken unseres "Philosophen", meist in mehreren Fortsetzungen, (denn knappzeilig ist das Denken nicht, wenn es Substanz haben will.)

 

"Putins Ziel: die Weltordnung nach seinen Vorstellungen zu verändern."

von Peter Flubacher

 

1.  Vorbemerkung
2.  Russland unter Putin will durch das Wiederaufleben
                                                         der Sowjetunion die Geschichte rückgängig machen.

Wladimir Putin (2023)   ©  CC BY 4.0
Wladimir Putin (2023) © CC BY 4.0

3.   Was hat die russische Kriegslust mit
      dem Klimawandel zu tun?
4.   Strategische Lage Russlands.
5.   Wenn ein militärisch gut gerüsteter
      siegesbewussten Aggressor wie Putin,
      seine hegemonischen Absichten
      wider das Völkerrecht durch Gewalt
      umsetzen will, kann er nur mit Gewalt
      gestoppt werden.
6.   Die nukleare Drohung
7.   Kann die Ukraine den Krieg
      gewinnen?
8.   Das Budapester Memorandum
9.   Was bringen Verhandlungen?

10. Was ist ein Waffenstillstandsvertrag
      oder ein Friedensvertrag wert?
11. Was heisst es unter Putins Herrschaft
      zu leben?
12. Putins mediale Macht!
13. Die ungleich langen Spiesse.
14. Die fragwürdigen Argumente der
      Putin-Unterstützer.
15. Wie kann Russland von der militärischen Aggressivität abgehalten werden?
16. Was dann?

Hinter diesem Symbol verbirgt sich die Botschaft: Frieden  (www.helpster.de)
Hinter diesem Symbol verbirgt sich die Botschaft: Frieden (www.helpster.de)

1. Vorbemerkung:
Ich war zwar nie Pazifist, denn ich habe meine minimale Militärpflicht erfüllt. Doch
ich hatte immer Sympathie für die Pazifisten. Ich hielt auch Investitionen in den militärischen Bereich für eine schlechte Option. 2022 musste ich meine Meinung aufgrund des Angriffskrieges
von Putin um 180° ändern, denn ich musste einsehen, einem grossen Irrtum eines friedlichen Europas unterlegen zu sein. Auch aus dieser Erkenntnis soll zu jeder Aussage ein «aus meiner Sicht» und «wahrscheinlich» mitgedacht werden. Wir müssen damit leben, dass wir immer nur über eine unvollständige und unsichere, in Zukunft auch durch KI unerkennbar verfälschte Information, verfügen. Ich kenne die Wahrheit nicht, scheue aber keinen Aufwand, ihr näherzukommen. In demütiger Einsicht nehme ich auch jeden begründeten Widerspruch dankbar entgegen, der mir dabei hilft.
(Wenn ich nachfolgend EU schreibe, meine ich meistens auch das westliche Europa)

2. Russland unter Putin will durch das
    Wiederaufleben der Sowjetunion die
    Geschichte rückgängig machen und
    zu den Grossmächten wie USA und
    China gehören, das ist seine
    unumstössliche Vision.

Wenn man Putin gut zugehört hat, musste man zur Kenntnis nehmen, dass er nicht nur die Ukraine als Teil von Russland sieht, sondern auch die alte Sowjetunion wieder herstellen will, besser noch das alte Zarenreich. Russland soll wieder eine Weltmacht auf Augenhöhe zu den USA und China werden, dazu will er seine Stärken – die militärische Macht –gegen den militärisch schwachen Westen nutzen. Lässt ihn der Westen seinen Krieg gegen die Ukraine gewinnen, werden er und seine Nachfolger bestärkt in der Beurteilung eines schwachen Westens, den man nach Wiederherstellung der Sowjetunion später auch noch einnehmen kann.

(Bild: Umwelt Bundesamt, Deutschland)
(Bild: Umwelt Bundesamt, Deutschland)

3. Das Dilemma Krieg vs. Klimawandel
Was hat die russische Kriegslust mit dem Klimawandel zu tun? Russland hat allen Grund in Panik zu geraten, wird doch ihr zentraler Wirtschafts-Erfolgsfaktor - die
fossilen Energieträger - in den kommenden Jahrzehnten wertlos. Dann bleiben im Wesentlichen nur
noch Rohstoffe, Getreide und Rüstungsgüter, damit ist keine Grossmacht-Stellung zu erreichen. Möglicherweise war der Zeitpunkt des Angriffs auch in diesem Sinne vom Klimawandel beeinflusst.
Wir dürfen aber die Ukraine nicht Putin unterwerfen, um den Klimawandel zu verzögern. Es ist aber keine Frage, dass Kriege den Klimawandel noch verstärken, denn sie werden die Klimagas-Emissionen weiter antreiben durch die Ausbeutung der Rohstoffe, die Produktion der Rüstungsgüter, deren Einsatz im Krieg, die Zerstörung und den Wiederaufbau. Dabei wird von den optimistischen Technik-gläubigen meistens nicht berücksichtigt, dass die Wirkung erst ca. 15 Jahre nach der Verursachung eintritt. Die Unwetter usw. die wir heute erleben, basieren auf unseren Emissionen vor ca. 15 Jahren. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit. 

Ölraffinerie der russischen Firma Lukoil © Reuters
Ölraffinerie der russischen Firma Lukoil © Reuters

4. Strategische Lage Russlands
Russland ist wirtschaftlich, mit Ausnahme der Rohstoffe, Getreide und Rüstungs-güter sehr schwach, ihr BIP entspricht etwa Italien oder dem 2.5-fachen der Schweiz bei der 18-fachen Bevölkerung. Die heute noch starke Stellung in den fossilen Energieträgern muss und wird in den kommenden Jahren und Jahrzehnten die Bedeutung verlieren, er trägt rund 20% zum BIP und 60% zum Export bei. Somit bleiben Russland neben Getreide und Rüstungsgüter nur die militärische Stärke und die Kriegserfahrung, da das russische Imperium praktisch immer Kriege geführt hat. Die Liste ist fast endlos vom Zarenreich bzw. dem russischen Kaiserreich, über die Sowjetunion und Russland und endet im Moment noch bei Putin heute in der Ukraine. Es füllt mehrere A4-Seiten, darum führe ich sie hier nicht auf. Dazu kommt, dass der europäische Westen militärisch sehr schwach ist, sowohl was Waffen wie Soldaten, Wehrwillen und Kriegserfahrung angeht. Im Glauben an den europäischen Frieden hat der Westen laufend abgerüstet, immer weniger in die Rüstung investiert und teilweise die Wehrpflicht abgeschafft, dafür Wohlstand aufgebaut, was mir damals auch richtig schien. Das wäre ja alles richtig und sinnvoll, wenn da nicht ein böser
militärisch starker, nach Hegemonie strebender Nachbar wäre.

Traditionell russische Militärparade. Foto: Yuri Kochetkov/ dpa
Traditionell russische Militärparade. Foto: Yuri Kochetkov/ dpa

Aufgrund dieser strategischen Lage Russlands, handelt Putin sogar logisch, denn jede erfolgreiche Strategie basiert auf der eigenen Stärke und der Schwäche der Gegner. Sinngemäss könnte der Westen seine Wirtschaftsmacht gegen Russland einsetzen, das wird aber nicht funktionieren, wenn der böse Nachbar seinen Willen militärisch durchsetzen kann. Mindestens kurzfristig gewinnt das Böse fast immer über das Gute. Gewalt ist das letztlich entscheidende Mittel, eine betrübliche Erkenntnis.

Strategische Position auf das Wirtschafts- und militärische Potenzial verkürzt

                                           Russland       EU

Wirtschaft heute                                                              -              +
Wirtschaft 2050                                                               ---            +
Militärische Ausrüstung, Kriegswirtschaft                       +             -
Verfügbare Soldaten                                                       +             -
Kriegserfahrung                                                              +             -
Aufgrund dieser strategischen Position ist die militärische Aggression rational nachvollziehbar und erfolgversprechend für Russland, wenn auch zutiefst unmoralisch und schädlich für das eigene Volk, Europa und die Weltordnung.

5. Wenn ein militärisch gut gerüsteter Aggressor wie Putin, seine hegemonischen Absichten wider das Völkerrecht durch Gewalt umsetzen will, kann er nur mit Gewalt, d.h. konsequenter Verteidigung gestoppt werden. Es sei denn, der Westen gibt sich selber auf.  Er sieht schon aufgrund seiner strategischen Position keinen Grund für Frieden. Putin spricht der Ukraine das Existenzrecht ab und greift die Zivilbevölkerung unentwegt gezielt massiv an. Er greift an, weil er es kann. Er braucht auf niemanden

Ukraine-Krieg: Weitere schwere Explosionen in Kiew  © Daniel Leal/AFP
Ukraine-Krieg: Weitere schwere Explosionen in Kiew © Daniel Leal/AFP

Rücksicht zu nehmen, das Volk hat er durch Repression im Griff. Daran ist sich das Volk gewöhnt. Wie viele eigene Soldaten dabei umkommen, kümmert ihn nicht, sie dienen einem höheren Ziel. Durch die Kriegswirtschaft auf Kosten des Wohlstands kann er die grossen Rüstungs-Verluste rasch wieder ersetzen.
Es geht aber nicht nur, um die Einnahme der Ukraine zu verhindern, sondern auch um die Sicherheit von Europa und der Welt. Die Weltordnung wankt, die bröckelnde Unterstützung (USA Republikaner, Ungarn, Slowakei, zögerndes Deutschland, Putin-Freunde im Westen) ermuntert Putin den Krieg weiterzuführen und auszudehnen, er setzt auf die Kriegsmüdigkeit im Westen und braucht nur Geduld, die Zeit arbeitet für ihn. Möglicherweise gewinnen die Republikaner mit Trump die Wahlen, das kann ihm nur nützen. Putin verfügt über all diese Möglichkeiten, die in einer Demokratie nicht möglich sind. Um dem trotzdem Einhalt zu gebieten, muss die Ukraine militärisch, humanitär und wirtschaftlich unterstützt werden, für alles, was sie

Bild: Bundesamt für politische Bildung
Bild: Bundesamt für politische Bildung

braucht. Gleichzeitig muss der Westen zum eigenen Schutz militärisch nach und aufrüsten. Auch hier spielt die Zeit für Putin. Wenn es der EU nicht gelingt eine
gemeinsame Aussenpolitik und Armee zu bilden, und die USA unter Trump die NATO aufgibt, dann
wird es brandgefährlich für Europa. Die Wahl Trumps ist eine Horror-Vorstellung, die Ben Hodges nicht für

Ben Hodges, ehemaliger General der US Army Europe
Ben Hodges, ehemaliger General der US Army Europe

realistisch hält, er nimmt seine Aussagen ernst, ein Verrückter macht auch Verrücktes. Dies obwohl es einen NATO-Vertrag mit einer Beistandspflicht gibt, entweder Trump weiss das nicht oder er pfeift auf Verträge wie Putin.
Die EU kann nur hoffen, dass die Ukraine durchhält. Sollte die Ukraine aufgeben, sieht es düster aus für die Zukunft Europas, denn Russland wäre dann erst recht ermutigt, seine Aggression in anderen Staaten fortzusetzen, während die EU durch über 10 Milliarden Ukraine-Flüchtlinge erdrückt würde. Werden es die Wohlstands-verwöhnten Bürger des Westens verstehen, dass jetzt der Zeitpunkt gekommen ist, neben der Bekämpfung des Klimawandels noch viele Milliarden für Rüstung auszugeben, statt den Wohlstands-Besitzstand zu garantieren, weil wir ihn sonst ganz verlieren könnten. Mir graut auch vor diesem Gedanken, doch man muss der Realität ins Auge blicken. In der Ukraine entscheidet sich die Zukunft Europas!

Bodeensee-Friedensweg 2022,  (Screenshot SRF)
Bodeensee-Friedensweg 2022, (Screenshot SRF)

6. Die nukleare Drohung

Putin wird sie immer nutzen, wenn er glaubt damit etwas zu erreichen. Dass diese Waffe je

eingesetzt wird, ist unwahrscheinlich. Doch wenn die EU sich durch diese Drohung einschüchtern

liesse, würde das bedeuten, dass sie sich letztlich unter die russische Herrschaft begeben würde.

Sollte der nukleare Schutzschirm der USA durch den Wahlsieg der Republikaner wegfallen, was ich

eher als unwahrscheinlich einschätze, müsste darüber nachgedacht werden was man dieser Drohung entgegensetzen kann. Was kann den USA-Schutzschirm ersetzen?

7. Kann die Ukraine den Krieg gewinnen?
Das kann ich nicht beurteilen, die Experten widersprechen sich. Dies am fehlenden bisherigen  Erfolgen zu messen wäre sicher falsch. Wollen die Unterstützer, dass die Ukraine gewinnt oder wollen sie nur den Krieg am «Köcheln» halten? Diese Frage habe ich mir immer wieder gestellt. Die Ukraine musste den Krieg bisher ohne Luftwaffen-Unterstützung führen, was gemäss Experten kein vernünftiger Staat machen würde. Selbst die Schweiz, die noch weit entfernt von einem Krieg steht, hat die modernsten Kampf-Flugzeuge beschafft, das wird wohl seinen Grund haben.

Die Ukraine hat nur einen Bruchteil der Munition der Russen und erhielt alles immer zu spät. So konnten die
Russen sich in mehrschichtige Stellungen eingraben, die fast nicht zu überwinden sind. Während Putin immer wieder mit neuen roten Linien gedroht hat, hat der Westen nur immer wie das Kaninchen auf die Schlang gestarrt. Sie hat es nie genutzt rote Linien z.B. mit wirksameren Waffen anzudrohen. Die Initiative und Eskalation überliess man immer Putin. Da hat der Westen und der zögerliche Bundeskanzler Scholz versagt, nicht die Ukraine! Daraus folgere ich, dass es nicht ausgeschlossen ist, dass die Ukraine den Krieg gewinnen kann, wenn der Westen die Ukraine konsequent mit allen Mitteln dauerhaft unterstützt und nicht in Angst-Stellung verharrt. Eine Stärke der Ukraine ist die Motivation der Soldaten im Gegensatz zu den Russen, die mit der Zeit aber auch nachlässt. Wenn die EU der Ukraine verbietet ihre Waffen gegen Ziele in Russland einzusetzen, um Raketenbasen oder Flugplätze anzugreifen, von denen die Angriffe ausgehen, bindet sie den ukrainischen Soldaten die Hände auf den Rücken. Man stelle sich vor, man würde Israel verbieten, die Hamas auf palästinensischem Territorium zu bekämpfen.

The Budapest Memorandum  (Foto: Reuter)
The Budapest Memorandum (Foto: Reuter)

8. Was Garantien von Russland, GB und USA wert sind - das Budapester Memorandum.

Russland hat 1994 den osteuropäischen Ländern in einer Vereinbarung die Anerkennung ihrer Souveränität und die freie Bündniswahl garantiert unter der Bedingung, dass sie auf Atomwaffen verzichten. Nicht nur Russland, sondern auch GB und USA haben der Ukraine gemeinsam mit Kasachstan und Weissrussland Sicherheitsgarantien in Verbindung mit deren Beitritt zum Atomwaffensperrvertrag als Gegenleistung für die Beseitigung aller Nuklearwaffen auf ihrem Territorium im Budapester Memorandum gegeben. Die Rechtsverbindlichkeit ist zwar nicht eindeutig, aber unter Garantie stelle ich mir etwas anderes vor als nur begrenzte willkürliche Waffenlieferungen, die gerade ausreichen im Moment das Schlimmste zu verhindern. Daraus kann man nur schliessen, dass solche Garantien nicht viel wert sind.

 

9. Was bringen Verhandlungen?

Primär stellt sich die Frage, ob Putin überhaupt verhandeln will, denn er betrachtet die Ukraine als Russland zugehörig, er will die Sowjetunion wieder auferstehen lassen und er ist in einer Position der militärischen Stärke. Solange er die Chance sieht den Krieg zu gewinnen, sieht er keinen Grund über einen Rückzug zu verhandeln. Zu Beginn hat Selenskyj ein Angebot gemacht, die Putin strikte abgelehnt hat. Heute, nach den grossen Verlusten ist er nicht mehr bereit auf eigenes garantiertes Territorium zu verzichten.

Wladimir Putin und Gerhard Schröder  © dpa / Alexei Druzhinin/pool sputin)
Wladimir Putin und Gerhard Schröder © dpa / Alexei Druzhinin/pool sputin)

Verhandlungen nur zu Putins Bedingungen, einen Diktat-Frieden lehnt der Westen korrekterweise ab. Sie darf auch nicht über die Ukraine verhandeln.

Doch Verhandlungen in einem Zeitpunkt militärischer Stärke Putins, auch dank der Kriegswirtschaft, der Erwartung, dass der Westen in seiner Unterstützung nachzulassen droht und Russland rund 20% der Ukraine besetzt hat, würden erfahrungsgemäss einem Diktat-Frieden entsprechen. Er registriert auch seinen Erfolg der Meinungsmanipulation durch seine Kanäle, u.a. auf Wagenknecht und die AFD, die sich deutlich auf die Seite von Putin stellen und mit der Forderung der Einstellung der Waffenlieferungen an die Ukraine, Stimmung für Putin und gegen die Hilfe an die Ukraine machen. Nicht zu unterschätzen ist die Möglichkeit der Wiederkehr Trumps, der schon lautstark die Nato infrage stellt, die Bereitschaft Staaten zu helfen, die nicht mindestens 2% des BIP ins Militär investieren, ablehnt und droht, Putin noch zu ermutigen, «alles mit denen zu machen, was zur Hölle sie wollen.»

Er konnte schon heute seine hörigen Anhänger dazu bringen, die Mittel zur Unterstützung der Ukraine abzulehnen. Das bedeutet, die Zeit spricht für Putin.Es wird immer wieder betont, dass jeder Krieg durch Verhandlungen beendet wurde und wird. Doch die Vergangenheit zeigt auch, dass die aktuelle Kriegslage im Zeitpunkt der Verhandlungen massgebend für das Resultat, d.h. die Grenzen sind. Es muss alles getan werden die Russen möglichst hinter die von ihr garantierten Grenzen von 2014 zu drängen, um fair verhandeln zu können. 

10. Was ist ein Waffenstillstandsvertrag oder ein Friedensvertrag wert?

Putin allein bestimmt über Eskalation und Ende des Krieges durch seinen Rückzug. Mit ihm können Verhandlungen nicht zum Erfolg führen, denn sie widersprechen seinem Ziel und er fühlt sich stark und hält sich ohnehin nicht an Verträge und Vereinbarungen, wie z.B. das Budapester Memorandum. Das macht einen Waffenstillstands- oder Friedensvertrag zu einem wertlosen Papier.

 

Alexej Nawalny  ©picture alliance/AA|Sefa Karacan
Alexej Nawalny ©picture alliance/AA|Sefa Karacan

11. Was heisst es unter Putins Herrschaft zu leben?

Verzicht auf Rede- und Handlungsfreiheit, Rechtslosigkeit und Willkür, mit der möglichen Folge von Folter, Gefängnis, Vergewaltigung, Deportation von Kindern und Tod. Oligarchen bestehlen das

Volksvermögen und verhindern dadurch jede Entwicklung von Wohlstand. Dies ist keinem Menschen zuzumuten, auch nicht den Ukrainern. Nicht einmal die Putin-Unterstützer würden das aushalten. Deshalb muss auch mit über 10 Mio. Flüchtlingen vor unseren Toren gerechnet werden,

wenn die Ukraine den Krieg verlieren würde.

 

12. Putins mediale Macht

Putin gelingt es, die Meinungen im Westen durch seine Kanäle zu manipulieren. Seinen Erfolg ist z.B.in den Reden von AFD und BSW sichtbar, die Putin offen unterstützen und die Worte Putins verwenden, sie stehen auf der Seite von Putin. Sie fordern Verhandlungen im falschen Zeitpunkt und wollen die Waffenlieferungen stoppen, was letztlich die Ukraine

Printscreen ZDF
Printscreen ZDF

zur Kapitulation zwingen würde. Es gibt auch andere Stimmen, die aus rein pazifistischen Gründen oder weil sie an das unbesiegbare Russland glauben, Verhand-lungen fordern, aber ohne die Forderung, die Waffen-lieferungen zu stoppen. Zwar wird jeder Krieg mit Verhand-lungen enden, die aber auf der aktuellen militärischen Position basieren. Auch hier hat der Westen dem kaum etwas entgegenzusetzen, denn im Gegensatz zu Putin, kann eine Demokratie schädliche Manipulationen nicht verbieten, hier gilt Medien und Meinungsfreiheit. Sie hat auch keine Möglichkeit, das russische Volk medial zu beeinflussen.

 

(Foto: SRF)
(Foto: SRF)

13. Die ungleich langen Spiesse

Russland bricht das Völkerrecht, um Grenzen zu verschieben und einen souveränen Staat zu zerstören, dem sie selber die Grenzen vor dem Jahr 2014 garantiert hat. Die EU wie auch die

NATO hält sich an das Völkerrecht und hat keine Absichten einen souveränen Staat zu unterjochen, sie hat auch keine Absicht Russland anzugreifen und die Grenzen zu verschieben. Russland greift die Ukraine auf ihrem Territorium an und trägt den Krieg innerhalb der ukrainischen Grenze mit unglaublicher Zerstörung ziviler Strukturen und vielen zivilen Toten aus und sagt seinen Bürgern, Russland müsse sich verteidigen. Aufgrund der Propaganda Putins glauben sie es oder verzichten wegen der Repression etwas dagegen zu sagen. Der Westen verbietet der Ukraine mit den gelieferten Waffen russisches Territorium anzugreifen, auch wenn es sich um die militärische Basis wie Flugplätze oder Raketenbasen auf russischem Boden zur Kriegsführung handelt, von dem aus sie die Ukraine angreift. Die westlichen Demokratien können die medialen

Manipulationen nicht verhindern, während Russland durch seine Repression jede kleinste Demonstration oder Meinungsäusserung gegen Putin oder den Krieg, der nicht einmal so genannt werden darf, mit langjährigem Androhung von Gefängnis oder Straflager verhindert. Man könnte auch sagen, weil der Westen sich in diesem Fall an das Völkerrecht, die Menschenrechte und ethische Prinzipien hält, ist sie im Nachteil. Das ist das Schicksal der Demokratie.

 

14. Die fragwürdigen Argumente der Putin-Unterstützer
Der Mythos von der Erweiterung der NATO als Begründung des Angriffskrieges wurde von Mary Elise Sarotte entkräftet. Die Historikerin Mary Elise Sarotte hat sich durch all die komplizierten Dokumente durchgearbeitet, mit dem Fazit, dass es keinen Vertrag gibt, der die Osterweiterung der Nato untersagt (ARD: TTT vom 17.12.23). Das hat Putin auch

© PICTURE ALLIANCE/DPA/TASS
© PICTURE ALLIANCE/DPA/TASS

einmal bestätigt. Es kann nicht sein, dass man sich in einer so wichtigen Angelegen-heit auf mündliche Aussagen bezieht. Es gibt keinen Grund, warum 2014 die Garantie des Budapester Memorandums mit der Begründung der Nato-Osterwe-iterung nicht mehr gelten sollte. Selbst Putin hat nach 2000 die NATO-Erweiterung nicht als Problem gesehen. Kein Staat wurde je in die NATO gezwungen, im Gegenteil, sie haben sich verständlicherweise zum eigenen Schutz gegen die russische Herrschaft unter den NATO-Schutzschirm gestellt. Dieser Schutz wurde leider der Ukraine damals verwehrt. Richtig ist, dass die USA auch Kriege geführt hat, die gegen das Völkerrecht verstossen, allerdings nicht zur Grenzverschiebung, trotzdem kann das den Angriffskrieg Putins zur Annexion souveräner Staaten in keiner Weise rechtfertigen. Dafür kritisiere ich auch die USA. Man kann ein Verbrechen nicht mit einem anderen rechtfertigen.

 

15. Wie kann Russland von der militärischen Aggressivität abgehalten werden?
      1. Durch militärische Abschreckung, der erste Schritt ist die Ukraine so zu
          unterstützen, dass sie den Krieg gewinnen kann, das war bis heute aber nicht der
          Fall. Mittel bis langfristig müsste die EU ohne die USA eine starke eigene Armee 
          möglicherweise mit Atomschirm aufbauen. Das ist in überschaubarer Zeit kaum
          möglich, bei den unterschiedlichen Bestrebungen in der EU. Sie hat nicht einmal
          eine gemeinsame Aussenpolitik, was die Voraussetzung für eine schlagkräftige
          Armee zu vertretbaren Kosten ist.

(© Foto: pixabay)
(© Foto: pixabay)

2. Durch Schwächung seiner militärischen Macht.
    Ein erster Schritt wäre der Sieg der Ukraine.
    Das vermindert Putins Macht, allerdings nur für eine
    bestimmte Zeit, bis seine Kriegswirtschaft die Verluste
    wieder ausgebügelt hat. Die atomare Übermacht wird
    dadurch nicht tangiert.

3. Durch Einbindung von China. Das scheint mir in
    Anbetracht der Interessen Chinas und Zusammen-
           arbeit mit Russland unrealistisch. Immerhin hält sie Putin von der nuklearen
           Drohung ab.
       4. Durch Einbindung der Weltgemeinschaft, während Russland und China äusserst
           aktiv in Afrika sind und dort auf gleichdenkende Autokraten und Diktatoren
           stossen, die auch gerne Grenzen verschieben, dürfte das kaum möglich sein.
           Putin spannt auch seinen Freund Kyrill ein um afrikanische Priester mit
           mehrfachem Lohn zu Dienern zu machen. Auch bleiben die schlechten
           Erinnerungen an die europäischen Kolonial-Staaten und die national-egoistische
           Verteilung der Corona-Impfungen hinterliessen einen denkbar schlechten
           bleibenden Eindruck. Andere Staaten wie Indien profitieren wirtschaftlich und durch

(youtube Screenshot)
(youtube Screenshot)

           von Russland, was sie nicht
           aufgeben wollen oder sie wollen
           sich für die Zukunft alle Optionen
           offenhalten wie Brasilien. Erdogan
           hält seine Fahne in den Wind und
           wechselt seinen Kurs ausschliess-
           lich nach seinen Opportunitäten,
           auch hat er Sympathien für Putin,
           mit Sicht auf das osmanischen
           Reich. Er geniesst es seine
           «Freunde» zu erpressen, um seine
           Ziele zu erreichen. Andere, die ich
           von der USA distanzieren, wollen den Westen deshalb nicht unterstützen.
       5. Durch Aufbau einer starken Wirtschaft in Russland. Das ist ein sehr langwieriger
           weiter und teurer Weg. Es ist nicht vorstellbar, dass die EU ihren Wohlstand
           schwächt, um in Russland Wirtschaft und Wohlstand aufzubauen, China verfolgt 
           seine Eigeninteressen. Russland allein wird das in überschaubarer Zeit nicht

 (Foto: Andriy Andriyenko/AP/dpa)
(Foto: Andriy Andriyenko/AP/dpa)

    schaffen. Schon der Wiederaufbau der Ukraine wird
    viele hundert Milliarden kosten. Wer sollte das
    bezahlen oder seine Wirtschaft dadurch schwächen
    wollen.
6. Durch Getreide und die Rohstoffe ohne fossile Energie.
    Ich glaube, dass damit allein das Problem der
    wirtschaftlichen Schwäche nicht zu lösen ist.
    7. Durch Aufbau einer starken Wirtschaft in Russland
          zum Preise der Abrüstung Russlands inkl. vollständiger Vernichtung der Atom-
          waffen. Das Russland bereit ist, diesen Preis zu zahlen, glaube ich nicht. Ob die
          EU dazu bereit wäre, ist auch eher unwahrscheinlich. Doch auch die Aufrüstung
          und atomare Nachrüstung wird auf Kosten des Wohlstands gehen. Aus beider
          Sicht fehlt aber vor allem die Vertrauensbasis, die dafür die Voraussetzung ist.

 

worldmap-knowledge.com
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16. Was dann?

Ist diese Aussichtslosigkeit der Grund,
warum niemand die von mir ausgespro-
chene Gefahr der strategischen Lage
aussprechen will oder habe ich etwas Wesentliches übersehen? Was habe ich übersehen oder falsch eingeschätzt?
Sind wir Menschen nicht mehr in der Lage, unsere Probleme auf unserem Planeten wie Kriege, Klimawandel, Biodi-versität bzw. Massensterben, soziale Ungleichheit, Armut, Pandemien, Bodenversiegelung, Mooraustrocknung, Waldzerstörung, Wasserverschmutzung, Inflation und Finanzcrash zu lösen, die wir alle selber geschaffen haben? Müssen wir uns mit machtbesessenen neoliberalen Staatschefs wie Putin, Trump, Kim Jong-un, Maduro, Netanyahu, Orban, Fico,Mohammed bin Salman (MbS) usw. abfinden?
Bleibt uns nur noch, die Unterjochung unter Russland, den Klima-Kollaps, das 6. Massen-
sterben oder den nuklearen Tod zu erdulden? Vielleicht entwickelt sich auch alles anders
als wir aus heutiger Sicht erwarten können. Handeln sollte man aber besser nach der
pessimistischeren Prognose. Ich habe nur deshalb keine Angst vor dieser Zukunft, weil ich sie nicht mehr erleben werde.

                                                       -------------

21. Februar 2024

 

Marcel Dettling und das Klima

von Peter Flubacher

 

In einem Interview zweifelt der künftige SVP-Präsident, Marcel Dettling, an den Folgen des Klimawandels und an den Menschen als Verursacher des Klimawandels.Marcel Dettling und das Klima.

Beobachtete und künftig zu erwartende globale Klimaänderungen
Aktueller Stand - 15.02.2024/490 - des sechsten IPCC-Sachstandsberichts (AR6)  vom Weltklimarat (780 Fachleute aus 90 Ländern).

«Die Veränderungen im globalen Klimasystem haben seit 1950 rapide zugenommen und sind beispiellos im Vergleich zu den vorherigen Jahrtausenden. Zweifellos hat der menschliche Einfluss zur deutlichen Erwärmung der Atmosphäre, Ozeane und Landflächen geführt. Anhaltende Treibhausgas-Emissionen werden auch künftig starke Klimaänderungen und weitere Extremereignisse verursachen.»

Marcel Detling  (Bild: Anthony Anex/ Keystone)
Marcel Detling (Bild: Anthony Anex/ Keystone)

Marcel Detltling, der Landwirt aus Oberiberg SZ mit landwirtschaftlicher und wirtschaftlicher Ausbildung weiss es natürlich besser.

"Seine Aussage ist nicht nur populistisch, sie ist falsch, verantwortungslos, egoistisch, und zielt nur darauf, Aufmerksamkeit für seine Person zu erringen, nach dem alten Werbe-Motto: Der Inhalt der Message ist unwichtig, man muss nur auffallen.". Die Aussage ist:

(Bild: Universität Eichstätt-Ingolstadt)
(Bild: Universität Eichstätt-Ingolstadt)

1. Populistisch, weil er sich der Zustimmung der
    Klimaleugner und Klimaskeptiker sicher fühlen
    kann. Das sind v.a. SVP-Anhänger, die sich darin
    bestätigt fühlen. Die billigste Art sich Beachtung und
    «Freunde» zu schaffen. Diese Aussage dient auch als
    Ausrede, um unbeliebte aber dringend notwendige
    Massnahmen, die Kosten oder Einschränkungen 
    bedeuten, zu bekämpfen. Das kommt immer gut an,
     wird aber weit höhere Schäden und Kosten in der Zukunft zur Folge haben. Leider ist
     kurzfristiges Denken die Regel.

2. Falsch. Der Klimawandel ist praktisch zu 100 Prozent vom Menschen verursacht,
    darüber ist sich nicht nur die Forschung seit Langem einig.

(Sanonym-Lexikon)
(Sanonym-Lexikon)

3. Verantwortungslos, weil sich die
    Skeptiker in ihrem Irrtum bestätigt
    sehen (confimation Bias), das ist in
    unserer direkten Demokratie besonders
    schädlich, weil sie zu falschen
    Schlüssen bei Abstimmungen verführt.
4. Egoistisch, weil sie nur auf seine
    persönliche Befindlichkeit ausgerichtet
    ist. Die beobachteten Schäden von
    Wetter-extremen wie Hitzewellen,
    Starkniederschlägen, Überflutungen,
    Dürren, tropischen Wirbelstürmen und
    in der Folge den Toten, Verletzen und
    finanziellen Schäden blendet er
    einfach aus, offenbar sind sie ihm egal,
    solange es ihm nützt. Er und nur er

fühlt sich als Mittelpunkt der Welt!

Dass ihn diese Aussage später einholen wird, ist höchst wahrscheinlich, auch wenn wir in der Schweiz nicht zu den primär betroffenen gehören. Den Wassermangel und die Gletscherschmelze haben wir aber schon kennengelernt. Doch als Bauer kalkuliert er mit der Hilfe des Staates, den er so gerne zurückbinden will, doch die Bauernlobby hat die Macht in der Schweiz, Klima-Subventionen sind ihm sicher, also was soll er sich Sorgen machen?